Audi in Talladega

['a black in Alabama']


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Rallyes waren in den USA nie besonders bekannt oder beliebt. Die marketing-wirksamen Rallyeerfolge von Audi in Europa ließen sich deswegen nicht sonderlich gut auf diesem wichtigen Auslandsmarkt nutzen. Aber man wollte den Amis die Vorteile des quattros demonstrieren. Deswegen modifizierte Audi eine 200 Exclusiv Rohkarosse und klebte ein "5000 CS" dran, wie der 200er in den USA hieß. Damit begab man sich auf ureigenstes Ami-Terrain: Den Nudeltopf. Dafür wurde der Wagen nach dem NASCAR Reglement aufgebaut und auf dem schnellsten Rundkurs der USA, in Talladega losgelassen.
Audi Anzeige
Quelle:(1)

Mit Turbo und Allradantrieb, sowie etlichen, kaum sichtbaren, aber deswegen trotzdem extremen Modifikationen gelang es dem 200er in Talladega die Amis zu beeindrucken. Er fuhr mit seinen 650PS über 332km/h Rundenschnitt, das sind fast 207 Meilen pro Stunde und damit über der "Schallmauer" für die Amis. Die Geschwindigkeit auf den "Geraden" betrug über 350km/h. 1985 hätte die Zeit für die erste Startreihe auf dem Highspeed-Oval in Talladega gereicht!
Nach diesem Weltrekord für Allradfahrzeuge auf einer Rundstrecke ging das Audi Team auf Promotion Tour durch die USA.

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[200tq in den Boxen]

[200tq auf der Geraden]

[200tq an der Ziellinie]

[200tq Vorbereitungen]

[200tq top speed: '350km/h mit 2bar Ladedruck']

[Bobby Unser nach der ersten 200mph Runde]

['unter der Haube: 5-Zylinder Turbo mit 650PS']

[Der Schwarze und seine Helfer]

['Zierliches Spoilerbrett' (naja, sieht groß genug für mich aus ;)]

[Die Pedale]

[Der Fahrer des Geschosses: Bobby Unser] [Jeder guckt mal]

['einstellbares Federbein']

Man kann wirklich kaum erkennen, welche Maßnahmen in diesem 200er stecken. Das beginnt mit der aerodynamischen Überarbeitung der Karosserie. Ecken und Kanten wurden geglättet und die Karosse 40mm tiefer gelegt (Verkleinerung der Stirnfläche, Absenkung des Schwerpunktes). Für den Abtrieb sorgen das schon bekannte Spoilerbrett vorne und ein Bürzelspoiler hinten. Spoiler bringen Abtrieb, erhöhen aber den Luftwiderstand, durch die Feinarbeiten konnte der Luftwiderstandsbeiwert von 0.33 gehalten werden, das Weglassen der Aussenspigel dürfte hieran einen großen Anteil gehabt haben.
Die Karosseriebleche wurden zum Teil ersetzt: Bug- und Heckschürze bestehen aus Kevlar, Türen und Hauben sind aus Aluminium und die Fenster außer der Windschutzscheibe sind aus Kunststoff. Resultat sind hervorragende 1072kg Leergewicht.
In den Steilkurven lasten unglaubliche Kräfte auf Mensch und Maschine: Der Audi wird mit dem 2,2fachen seines Gewichts gegen die Fahrbahn gedrückt und das 1,6fache des Gewichts zieht den Wagen nach aussen. (Für die Fachleute: Normalkraft= Wagenmasse*2,2g; Querbeschleunigung 1,6g). Diese Kräfte sorgen für eine sehr hohe und noch dazu unausgeglichene Belastung: Das kurvenäußere Rad hat die wesentlich höheren dynamischen Radlasten zu ertragen. Zwar kann mit höherer Radlast auch mehr Seitenführung aufgebaut werden, jedoch ist eine gleichmäßige Verteilung der Radlasten deswegen erwünscht, weil die Kurve "Seitenkraft über Radlast" degressiv ist. (Im Klartext: Je geringer und gleichmäßiger die Radlasten verteilt sind, desto besser. Oder noch anders: verdoppelt sich die Fahrzeugmasse, so verdoppelt sich bei gleicher Geschwindigkeit auch die Fliehkraft, aber die Räder können nur weniger als das doppelte übertragen.) Durch unterschiedliche Federraten rechts und links (bis 60N/mm Unterschied) wird versucht, dem Eintauchen des Wagens auf der kurvenäußeren Seite entgegenzuwirken (außen hart, innen weich). Bei diesem Eintauchen kommt es zu einer Vergößerung des Hebelarms der resultierenden Kräfte und damit zu einer weiteren, unerwünschten Entlastung der inneren Räder.
Wichtig ist aber, dass möglichst viel Gewicht auf der inneren Seite lastet. Dadurch wandert der Schwerpunkt nach innen, der Hebel verringert sich und die dynamischen Radlasten sind gleichmäßiger. So sitzen beim Talladega 200er Batterie, Benzin-, Öltank alle auf der linken Seite. Damit nicht genug. Auch Motor, Getriebe, Differenziale, Kardanwelle sitzen um 50mm aus der Mitte verschoben im Wagen. Dafür mussten unterschiedlich lange Antriebswellen links und rechts eingesetzt werden und der Unterboden musste geändert werden. Auch der Fahrer musste umziehen: Er sitzt nicht nur weiter links, sondern auch rund 200mm weiter hinten. Dafür mussten Pedalerie und Lenksäule geändert werden. Das Ergebniss: 58% lasten auf der Vorderachse, 53% innen.
Die Reifen sind relativ normal ausgefallen: nur zehn Zoll breit sind die Michelin Gummis. Anfangs hatten die Michelin Ingenieure wegen der ungünstigen Abmessungen der Stock Car Reifen Sorgen. Als sie dann bei 450km/h den Testlauf aus Angst um ihren Versuchsstand abbrachen war klar, dass die Reifen halten würden. "Schmale" Reifen haben ja auch den Vorteil, dass sie weniger Luftwiderstand haben.
Der Motor erreichte während der Läufe in Talladega "nur" 7200 1/min bei 350km/h. Seine Grenze liegt bei 7700 1/min. Ob die Strecke zu eng oder das Getriebe zu "lang" war, kann ich so nicht beurteilen. Das Geheimnis der Leistung des 5Zylinders steckt wohl im Zylinderkopf, über den nur sehr wenig zu hören war. Es handelt sich dabei wohl um eine Weiterentwicklung des bekannten 20V Kopfes, angeblich mit 47 Grad Ventilwinkel statt 25 wie beim Sportquattro.

Achtung!
Bisher hatte ich immer überlegt, ob es sich bei dem Zylinderkopf evtl. um einen mit hemispärischen Brennräumen handeln könnte, da diese mit ähnlichen Ventilwinkeln fahren. Winrich Germann hat mir aber einen Auszug aus dem Audi Magazin, Ausgabe 2, Juni 1997. Anläßlich der Vorstellung neuer Motoren war Folgendes zu lesen:
"Begonnen hat alles mit ein paar schnellen Runden in Talladega, Alabama: Man schrieb das Jahr 1986, das Auto war ein Audi 200 quattro und das Triebwerk ein 2,2-Liter-Fünfzylinder-Turbomotor mit 25 Ventilen und eindrucksvollen 487 kW (625 PS). Man fuhr dort einige Runden mir einer durchschnittlichen Reisegeschwindigkeit von 332,88 km/h, und die wichtigste Erkenntnis dieser hochbeschleunigten Tests war die überlegene Leistungsfähigkeit der Fünfventil-Technologie (abgesehen davon, daß man einen Geschwindigkeits-Weltrekord aufstellte)".
Wow! Und das steht da so einfach in einem Absatz! Der erste Fünfventiler von Audi: 5x5 Ventile!!
Wenn Du mehr von diesem Motor sehen willst, guck Dir doch die Bilder an, die ich gemacht habe!

Unter diesem wirklich sensationellen Kopf ist jedoch viel serienmäßig: Der Block wurde nur für die Trockensumpfschmierung (nötig bei den hohen Fliehkräften) modifiziert und beherbergt eine Serien-Kurbelwelle. Allerdings: die Pleuel sind aus Titan und die Kolben Spezialversionen mit Kühlkanälen. Saugrohr und Krümmer sind erheblich modifiziert und auch die Fütterung ist etwas gröpßer als normal ausgefallen: Zwei Einspritzdüsen pro Zylinder liefern ladedruckabhängig bleifreien Sprit (Katalysator!). Das Resultat sind solide 650PS bei 2bar, die wohl noch nicht die Grenze darstellten.
Zusammenfassend muss ich sagen, dass die Leistung des Auditeams unglaublich ist. Es ist schon schwer genug, einen Wagen überhaupt so schnell um einen Ovalkurs fliegen zu lassen, dabei aber noch soviele Serienkomponenten und Prinzipien zu übernehmen ist erst recht unglaublich. Wer anderer Meinung ist, sollte sich mal mal einen NASCAR StockCar ansehen und es mit einem serienmäßigen Wagen vergleichen. Der Gitterrohrrahmen ist da nur das auffälligste Merkmal. Schade, dass Audi nicht nocheinmal versucht hat, seinen eigenen Rekord zu brechen. Vielleicht ja auch mal ne gerade Strecke auf nem Salzsee, wäre doch was, oder?

Noch mehr Bilder und auch einige Infos gibt es bei
Intended Acceleration
Die Bilder dort stammen aus der Sammlung von Sean Kelly.

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(1) Gescannt von Jeremy Williams, Stiefsohn von Sean Kelly, aus einer Audi Anzeige
Alle anderen Bilder hier habe ich aus der Ausgabe 10 (10. Mai) 1986 der Zeitschrift "auto, motor und sport" gescannt.
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